Der Bibelforscher Martin Ebner hat sich dabei mit der Frage beschäftigt, ob Jesus ein Weisheitslehrer, wie z.B. Jesus Sirach war oder „nur“ als weiser Mensch beschrieben werden sollte. Er kommt zu dem Ergebnis, dass Jesus nicht im klassischen Sinn einem Weisheitslehrer entsprach, aber dass sein Handeln und Reden von einer besonderen Art Weisheit geprägt waren. Er konnte Sachfragen und Themen durch den Vergleich mit Situationen und Gegebenheiten des Alltags, die selbstverständlich und eindeutig sind, verstehbar machen und dadurch auch in Konfliktsituationen einen klaren Standpunkt beziehen.
So setze er z.B. dem Vorwurf, dass er mit Sündern und Zöllnern esse, die Aussage entgegen, „nicht die Gesunden brauchen den Arzt“ (MK 2,17).
Auch die brisante Frage aus welcher Autorität und Bevollmächtigung er Dämonen austreibe und dem Vorwurf er stehe mit Bezebul und damit mit der „dunkle Seite“ im Bunde‘ setze er weisheitliche Sprüche entgegen wie „Jedes Reich, das in sich selbst gespalten ist, wird veröden und ein Haus ums andere stürzt ein.“ (Lk11,17)
Nicht nur in Konfliktsituationen, sondern auch um seine Botschaft verständlich zu machen, spielte Jesus in kurzen Sprüchen oder in ganzen Geschichten immer wieder auf Alltagsituationen an, die durch ihre Selbstverständlichkeit und Klarheit seiner Aussage Gewicht verliehen.
Z.B. um zu verdeutlichen das Gott, der Vater, Bitten erhört, sagte er: Oder welcher Vater unter euch, den der Sohn um einen Fisch bittet, gibt ihm statt eines Fisches eine Schlange oder einen Skorpion, wenn er um ein Ei bittet? (LkQ 11,11f) Oder die Geschichte vom verlorenen Schaf. Sie beschreibt eindrücklich die alltägliche Erfahrung eines Hirten, der sein verlorenes Schaf sucht. Damit bringt es den Willen Gottes zum Ausdruck, dem Menschen nachzugehen, ihn zu suchen und damit seinen Wert zu achten.
Mit diesen Verweisen auf Alltagssituationen nimmt Jeus die Menschen in ihrem Denken und mit ihren Erfahrungen ernst. Dadurch kann er sie mitnehmen zu einer eigenen Urteilfindung durch den Gebrauch von Weisheit und Vernunft.