Jesus war ein Bauhandwerker, nicht nur ein Zimmermann. In der europäischen Kunst und in der Verkündigung hat man ihn lange Zeit als Zimmermann dargestellt, der vor allem mit Holz arbeitet. Das ist aber nicht ganz richtig. Ein Bauhandwerker in der damaligen Zeit konnte viel mehr. Er bearbeitete Steine, baute Türen und Häuser und kannte sich sogar im Schleusenbau aus.
Jesus lernte diesen Beruf von seinem Vater Josef. Es war wichtig, dass Väter ihren Söhnen ein Handwerk beibrachten. Jesus arbeitete zusammen mit seinem Vater auf Baustellen in der Region. Sehr wahrscheinlich waren sie auch in Sepphoris, einer Stadt in der Nähe von Nazaret. Sepphoris wurde vom Landesherrn Herodes Antipas wieder aufgebaut, nachdem die Römer es im Jahr 4 vor Christus teilweise zerstört hatten.
Dieses Handwerkerleben führte dazu, dass Jesus mehr sah als nur das Dorfleben in Nazaret. Er lernte die griechisch-hellenistische Kultur kennen, die in Sepphoris stark verbreitet war. Die Stadt hatte ein Amphitheater und viele weltoffene Menschen. Jesus beobachtete auch das Leben und die Arbeit der Fischer am See Genezareth.
Diese Erfahrungen prägten seine Sprache und die Gleichnisse, die er erzählte. Er sprach von Marktplätzen, Stadttoren, vom langen Weg zum Gericht in die nächste Stadt. Seine Gleichnisse über das Hausbauen, den Balken und Splitter und den Turmbau zeigen, dass er handwerkliche Tätigkeiten kannte.
Der Theologe Klaus Berger beschrieb Jesus als einen Mann mit großer Lebensklugheit und Alltagswissen. Ob das wirklich so war, ist schwer zu sagen, aber es zeigt, dass Jesus nicht nur ein einfacher Dorfbewohner war.
Jesus beobachtete auch die Natur genau. In der Bergpredigt spricht er: Seht euch die Vögel des Himmels an: Sie säen nicht, sie ernten nicht und sammeln keine Vorräte in Scheunen; euer himmlischer Vater ernährt sie. […] Und was sorgt ihr euch um eure Kleidung? Lernt von den Lilien des Feldes, wie sie wachsen: Sie arbeiten nicht und spinnen nicht. (Mt 6, 26–28) Diese Worte zeigen, dass Jesus sich sicher und geborgen in Gottes Fürsorge fühlte.
Neben seiner Familie hatte Jesus auch Freund:innen. Im Johannesevangelium wird ein Freund namens Lazarus erwähnt, der in Bethanien lebte. Als Lazarus starb, weinte Jesus um ihn. Jesus nannte seine Anhänger:innen auch “Freunde”. Besonders erwähnte er einen Jünger, den er liebte. Bei dem letzten Abendmahl lag dieser Jünger laut dem Johannesevangelium an Jesu Seite und der Jünger fragte Jesus: Herr, wer ist es? (Joh 13,25) Der Jünger wollte wissen, wer Jesus verraten wird.
Ob Jesus noch andere enge Freundschaften hatte, wissen wir nicht genau. Es bleibt viel Raum für Vermutungen, aber eines ist klar: Jesus war kein Einzelgänger und gern unter den Menschen.