Jesus von Nazaret hat mit seinen Schülern in Jerusalem kurz vor seiner Verhaftung eine Mahlzeit gehalten, die besonders war. Sie hatte wohl den Charakter eine Abschiedsessens und hatte für die nachkommenden christlichen Generationen eine bleibende Bedeutung und sollte von ihnen nachgeahmt werden. Es fand entweder in der Nacht des Pessach-Festes statt und wäre dann auch ein Pessach-Mahl gewesen (Mk 14,12.17) – so das Markusevangelium. Oder es fand noch vor dem Pessach-Fest und somit als „normales“ Essen statt. Beide Datierungen sind möglich.
Dieses Essen fand in einem Saal in Jerusalem statt, eventuell auf dem Südwesthügel Jerusalems.
Am ersten Tag des Festes der Ungesäuerten Brote, an dem man das Paschalamm zu schlachten pflegte, sagten die Jünger zu Jesus: Wo sollen wir das Paschamahl für dich vorbereiten? Da schickte er zwei seiner Jünger voraus und sagte zu ihnen: Geht in die Stadt; dort wird euch ein Mensch begegnen, der einen Wasserkrug trägt. Folgt ihm, bis er in ein Haus hineingeht; dann sagt zu dem Herrn des Hauses: Der Meister lässt dich fragen: Wo ist der Raum, in dem ich mit meinen Jüngern das Paschalamm essen kann? Und der Hausherr wird euch einen großen Raum im Obergeschoss zeigen, der schon für das Festmahl hergerichtet und mit Polstern ausgestattet ist. Dort bereitet alles für uns vor! Die Jünger machten sich auf den Weg und kamen in die Stadt. Sie fanden alles so, wie er es ihnen gesagt hatte, und bereiteten das Paschamahl vor. (Mk 14,12-16)
An diesem Mahl nahmen die sogenannten Zwölf teil, also eine von Jesus berufene Teilgruppe von 12 Männern aus seiner Jüngerschaft, zu der ansonsten auch Frauen gehörten. Diese Gruppe hatte in der Jesusgruppe vor allem eine besondere symbolische Bedeutung unter anderem als Repräsentanten der ursprünglich 12 Stämme aus Israels Frühzeit. Dabei waren somit außer Jesus: Simon, auch Petrus genannt. Andreas, sein Bruder. Die Geschwister Johannes und Jakobus. Dann Andreas, Philippus, Bartholomäus, Matthäus, Thomas, Jakobus der Sohn eines Alphäus, Thaddäus, Simon Kananäus und Judas Iskariot. Statt dem genannten Taddäus, könnte aber laut dem Lukasevangelium auch ein Mann namens Judas, Sohn des Jakobus, mit dabei gewesen sein.
Der Ablauf der Mahlzeit wir nur angedeutet.
Laut dem Markusevangelium liegt man gemeinsam zu Tisch und isst.
Während sie nun zu Tisch waren und aßen … (Mk 14,18)
Man tunkt das Brot in eine Schale.
Einer von euch Zwölf, der mit mir in dieselbe Schüssel eintunkt. (Mk 14,20)
Man isst Brot.
Während des Mahls nahm er das Brot … (Mk 14,22)
Man trinkt aus einem Kelch mit Wein.
Dann nahm er den Kelch, gab ihn den Jüngern und sie tranken alle daraus. (Mk 14,23)
Am Ende werden noch ein oder mehrere Lieder gesungen.
Nach dem Lobgesang gingen sie … (Mk 14,26)
Dies ist wohl der historisch sicherste Kern der Überlieferung zu diesem Essen, für alles Weitere gibt es starke Abweichungen in der Darstellung der Evangelienschreiber, was aber natürlich nicht heißt, dass einiges davon so stattgefunden hat. Einstimmig wird in jedem Fall ein Mann benannt, der Jesus an diejenigen, die ihn später verhaften werden, ausgeliefert oder übergeben hat: Judas Iskariot. Nicht unwichtig scheint an dieser Stelle aber zu sein zu erwähnen, dass in der ältesten erkennbaren Darstellung vom letzten Essen Jesu nicht ausdrücklich auf Judas verwiesen wird.
Besonders interessant ist natürlich der Blick auf die sogenannten Einsetzungsworte: Im Blick auf das Brot, das gebrochen und an alle verteilt wird: Nehmt, das ist mein Leib. (Mk 14,22) Und zum Kelch mit dem Wein, den Jesus herumreicht und aus dem alle trinken: Das ist mein Blut des Bundes, das für viele vergossen wird. (Mk 14,24) Sie heißen deshalb so, weil sie eine Praxis starten – einsetzen – die dann im christlichen Mahlgottesdienst immer wieder aufgenommen und „wiederholt“ wird. Sie deuten die Handlungen von Jesus vor allem für später und bieten keinen neutralen Bericht.
Das sogenannte Verzichtswort wird allerdings in der Tendenz dem historischen Jesus zugeschrieben: Ich werde nicht mehr von der Frucht des Weinstocks trinken bis zu dem Tag, an dem ich von Neuem davon trinke im Reich Gottes. (Mk 14,25) Es passt gut zur sonstigen Verkündigung vom anbrechenden Gottesreich und der Hoffnung, dass Jesus nach seinem Tod in dieses hineingeht.
So bleibt am Ende festzuhalten: Das letzte Essen Jesu mit den Zwölf war nur eines einer ganzen Reihe von Mahlgemeinschaften, die Jesus auch mit vielen anderen Menschen hielt. Jesu Worte und Handlungsweisen sind dabei von hoher theologischer Bedeutung und schreien geradezu nach Auslegung und Interpretation über dieses historische Essen hinaus. Beim letzten Abendmahl ging es dabei weniger um die Gemeinschaft mit gesellschaftlichen Außenseitern als um ein abschließendes und doch wieder eine neue Perspektive eröffnendes Essen mit den Zwölf. Auch wenn es nicht sicher ein jüdisches Pessachmahl war, findet es doch in dessen zeitlicher Nähe Festes statt. So verwundert es nicht, dass diese Feier der Befreiung aus der unterdrückerischen Gefangenschaft in Ägypten durch Gott schon früh als Interpretationsrahmen aufgenommen wurde.
[Literatur u.a.: Hermut Löhr, in Jesus Handbuch S.467 ff.]