Frage 15:

Warum geht Jesus in relativ kleine jüdische Orte?

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Das fällt einfach auf: In den Evangelien kommt außer einem Drei-Orte-Dreieck nördlich des Sees Genesaret mit den Ortschaften Kafarnaum, Chorazin und Bethsaida das gesamte übrige Galiläa nur am Rande vor! Genannt werden noch seine Heimatstadt Nazaret, der Hochzeitsort Kana (nur Joh 2,1-10) und der noch südlicher gelegene Ort Nain (nur Lk 7,11-17). Dann wird auch noch eine Maria genannt, die aus Magdala stammt. Außerhalb Galiläas werden noch Aufenthalte in mehrheitlich heidnischen Gebieten erwähnt: Die Dekapolis und die Gegend um Cäsarea Philippi. Aber Orte in Obergaliläa und größere Städte wie Sepphoris und Tiberias fehlen. Warum?

Die Vermutung, Jesus hätte gegenüber großen Städten gefremdelt, wird von der Tatsache in Frage gestellt, dass er in seiner vor allem in Gleichnissen begegnenden Bildsprache selbstverständlich auch städtische Spezifika verwendet: Da ist von Marktplätzen und Stadtstraßen die Rede, aber auch von Kaufleuten, Bankgeschäften und Gerichten.

Angelika Strotmann (AS66) sieht vor allem zwei Gründe für diesen Befund:

  1. Möglicherweise lag ein Grund darin, dass er der Gefahr entgehen wollte, als Unruhestifter ergriffen und gefangen zu werden. Diese Gefahr war in den Städten deutlich größer als auf dem Land. Er hatte ja am tödlichen Schicksal des Täufers feststellen können, dass sein Landesherr Herodes Antipas keinerlei Skrupel hatte, ihm nicht genehme Personen einfach auszumerzen.
  1. Noch entscheidender dürfte aber das Bestreben Jesu gewesen zu sein, seine Grundüberzeugung – die Sammlung Israels und hier besonders der an den und über den gesellschaftlichen Rand gedrängten einfachen und ungebildeten Menschen (Am-Ha´aretz) – umzusetzen. Er wollte die heilsame Botschaft vom anbrechenden Gottesreich gerade denen verkünden, denen es wirtschaftlich schlecht ging. Die wohlhabenden Städte waren dem gegenüber zweitrangig, kleine Orte wie Kafarnaum, Chorazin und Bethsaida waren ihm in dieser Hinsicht offensichtlich wichtiger.

[Literatur u.a.: Angelika Strotmann, Der historische Jesus S.66]