Frage 11:

Welche Rolle spielte der Wüstenprediger Johannes der Täufer in Jesu Leben?

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Johannes der „Täufer“ oder „Eintaucher“ spielte eine entscheidende Rolle im Leben Jesu. Die Begegnung des Nazareners mit dem Täufer stellte das erste historisch gesicherte Ereignis des Lebens Jesu dar.  Er wurde durch ihn entscheidend geprägt und war mit großer Wahrscheinlichkeit für eine gewisse Zeit ein Schüler dieses Wüstenasketen.

Johannes stammte möglicherweise aus einem Jerusalemer Priestergeschlecht (Lk 1,5), zog sich später aber in die Wüste zurück. Vermutlich trat er im Gebiet von Peräa östlich des Jordan auf. Hier war nach der Überlieferung Israel einst in das verheißene Land eingezogen (Josua 1). Er predigte am Ufer des Jordan und praktizierte eine Taufe zur Vergebung von Sünden. Mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit hat Johannes mit einer Gruppe von Jüngern an einem Taufort südlich von Jericho seinen Standort am östlichen Ufer des Jordan gehabt. Der Zulauf zu ihm muss erheblich gewesen sein, es war in seinem ureigenen Interesse, möglichst viel Menschen zur Umkehr zu bewegen, seine Botschaft galt ganz Israel.

Sein Auftreten war das eines typischen Wüstenbewohners. Dieser ist auf Gedeih und Verderb dem ausgeliefert, was ihm die Wüste an Nahrung bietet. Es braucht Vertrauen in die Fürsorge Gottes, um in diesem von Unsicherheiten und Unwägbarkeiten geprägten Umfeld überleben zu können. Möglicherweise hat Johannes sich auch als wiedergekehrter Prophet Elija darstellen wollen, der kurz vor der Endzeit wiederkommt und Israel zur Umkehr bewegen und die Israeliten damit vor einem Strafgericht bewahren will (vgl. Mal 3,23f; Sir 48,10). Selbst die Zugehörigkeit zur eigenen jüdischen Religion hat keine Bedeutung für die eigene „Rettung“ mehr, es ging um die letztmögliche Umkehr, um das Bekennen der eigenen Verfehlungen und die Taufe im Jordan, die diese Umkehrbereitschaft besiegelt. Der Täufer erwartete, dass das Ende der Geschichte nahte und dann Gottes Zorn über sein Volk Israel hereinbrechen würde. Zusammen mit der Bereitschaft des Getauften zur Umkehr, die sich im Bekennen der eigenen Sünden ausdrückte, und dem entschiedenen Willen zu einem Leben mit guten Werken bot Johannes eine Garantie für das Bestehen in diesem Gericht.

Die Wassertaufe war etwas Besonderes im damaligen Judentum und sozusagen sein Alleinstellungsmerkmal (AS91). Die für das Judentum typischen rituellen Waschungen konnten zwar eine kultische Unreinheit beseitigen, aber keine Sünden vergeben. Das konnte in erster Linie im Opferkult im Jerusalemer Tempel erreicht werden, ging somit immer sozusagen „offizielle“ Wege.

Seine Predigt sollte aufrütteln und erschüttern, ganz auf der Linie anderer Gerichtspropheten des Alten Testaments: Da sagte er zu den Volksscharen, die hinauszogen, um sich von ihm taufen zu lassen: Ihr Schlangenbrut, wer hat euch denn gelehrt, dass ihr dem kommenden Zorngericht entrinnen könnt? Bringt Früchte hervor, die eure Umkehr zeigen, und fangt nicht an, bei euch zu sagen: Wir haben Abraham zum Vater! Denn ich sage euch: Gott kann aus diesen Steinen dem Abraham Kinder erwecken. Schon ist die Axt an die Wurzel der Bäume gelegt; jeder Baum, der keine gute Frucht hervorbringt, wird umgehauen und ins Feuer geworfen. (Lk 3,7-9)

Möglicherweise auf einer Wallfahrt nach Jerusalem stieß Jesus auf den Prediger am Jordan, nahm dessen Umkehrbotschaft an und ließ sich taufen. Anschließend blieb er für eine längere Zeit beim Täufer und wurde möglicherweise dessen Assistent mit eigenständigem Taufbereich in Judäa.

Jesus hat wesentliche Züge der Umkehrpredigt des „Untertauchers“ in seine Botschaft aufgenommen! (AS 87)

  • Er ruft wie Johannes zu einer „Umkehr“ auf. Diese ist Vorbedingung für eine zukünftige „Rettung“. Bei Jesus kommt aber die Vorstellung dazu, dass Gott in dem Wirken Jesu das Gottesreich anbrechen lässt.
  • Auch Jesus spricht von einem „Gericht“, das klärt, wer gerettet wird oder nicht und dieses steht nah bevor.
  • Diese Ansage von Gott-JHWH her gilt ganz Israel. Jesus geht aber nicht in die Wüste wie Johannes, sondern nach Galiläa und in dessen angrenzende Regionen und schließlich auch nach Jerusalem.
  • Kein Israelit soll nach Ansicht des Wüstenasketen glauben, dass man dadurch dem Gericht entkommen könne, dass Gott Israel erwählt hat. Für Jesus gilt: Nur der Eintritt in die von ihm begründete Gemeinschaft bewahrt vor dem Gericht. Sie ist für ihn ein Heilsraum, in dem Gottes rettende Nähe erfahrbar und erlebbar wird.

Die Bibelwissenschaftlerin Angelika Strotmann hält folgenden Ablauf für historisch am wahrscheinlichsten: Jesus hatte von der Taufe und der Umkehrpredigt des Täufers gehört und kam dann wie viele seiner Landsleute zu ihm. Die Verkündigung des Johannes erreichte ihn, er bekannte seine Sünden und ließ sich taufen. Damit verbunden war die Verpflichtung, zukünftig sein Leben nach der Tora, dem Willen Gottes, zu leben. Johannes hat somit eine prägende Rolle im Leben Jesu gespielt! (AS 97)

[Literatur u.a.: Angelika Strotmann, Der historische Jesus S.87f. / Jens Schröter, Jesus von Nazaret S.142f.]